Rasse

Die Entstehung der Rasse "Altdeutscher Schäferhund"
 
Jeder kennt ihn: den großen Sanften mit den Puschelohren.
Aber - wie heißt der eigentlich?
Heißt er "Altdeutscher Schäferhund"?
Heißt er "Deutscher Langhaarschäferhund"?
Oder heißt er "Langstockhaariger Deutscher Schäferhund"?
 
Zunächst einmal: Der große Sanfte ist eindeutig ein deutscher Schäferhund.
 
Denn Schäferhund ist kein Rassename, sonder ein Sammelbegriff.

    
 
Als Schäferhund bezeichnete man vor 100 Jahren alle Hunde, die fünf typische Eigenarten mitbrachten:
Die aufrecht getragenen Stehohren, die gestreckte, schmale Schnauze, den hängend getragenen, buschigen Schwanz, den rastlosen Dauerlauf und den aufmerksam auf den "Herrn" gerichteten, fragenden Blick.
 
Schäferhunde gab und gibt es in allen Farben und in allen Fellarten.
 
Der berühmte Hundeforscher Ludwig Beckmann schrieb 1894, man werde wohl aus den vielen Regionaltypen mindestens drei Unterrassen züchten müssen:
Den Rauhaarigen, den Glatthaarigen und den Langhaarigen.
 
 
In Belgien tat man das:
Man entwickelte 1891 einen einzigen Rasse-Standart für "den Belgischen Schäferhund", akzeptierte aber vier in Farbe und Fell unterschiedliche "Varietäten": Malinois, Laekenois, Tervueren und Groenendal.
 
Auch der erste deutsche Schäferhund Klub akzeptierte Schäferhunde in jedem Haar-Kleid und in jeder Größe.
 

Doch dann (1899) gründete der Rittmeister Max von Stephanitz den neuen "Deutschen Schäferhund Verein" (SV).
Max von Stephanitz hatte kein Interesse an Herdengebrauchshunden für Schäfer.
Er suchte einen Diensthund fürs Militär: kräftig, unermüdlich, wetterfest und führig.
Um diesen Ansprüchen zu genügen, musste der neue "Deutsche Schäferhund" erst einmal größer werden.
Man kreuzte Schäferhunde aus Thüringen und Sachsen mit solchen aus dem "Württemberger Schlag".
Die Norddeutschen waren kleiner, leichter, nerviger, aber sie brachten das typische Schäferhund-Stehohr mit.
Die Süddeutschen waren größer, durchsetzungsfähiger, kräftiger, nur ihre Ohrenstellung war häufig mangelhaft.
Im SV nahm man das vor 100 Jahren gelassen.
Man akzeptierte alle Farben und unterschied im Haarkleid drei Varianten:
Den Rauhaarigen, ohne Schnauzer-Bart und Augenzotteln, den Langhaarigen und den Glatt- oder Stockhaarigen.
Hauptsache der Hund war groß genug, um als Diensthund einsatzfähig zu sein.
 
Doch die Zeit der Toleranz dauerte nicht lange:
Zuerst wurden die einfarbigen aus der Zucht ausgeschlossen, dann die Rauhaarigen, dann die Zotthaarigen und dann die Langhaarigen - weil - so der Rittmeister - ihr Fell Wasser sammelt, was ihre Wetterfestigkeit und Gebrauchstüchtigkeit herabmindert
Zuchtziel im SV wurde der stockhaarige, "wolfsähnliche" Hund, der als Gebrauchshund zu allem ausbildbar war:
Als Diensthund bei Militär und Polizei, als Schutzhund in Privathand.
 
Die Schäfer im Lande ließen sich dadurch nicht beirren:
Sie züchteten weiter ihre "altdeutschen Schäferhunde":
Ihre Rau-, Lang- und Zotthaarigen, Schwarzen, Gelben und Weißen.
 
Und seit jener Zeit gibt es zwei "Arten" von deutschen Schäferhunden.
Die "Altdeutschen Hüte- und Herdengebrauchshunde" der Schäfer:
Den Strobel, den Westerwälder, den Harzer Fuchs, die Gelbbacke.
 
Die Deutschen Schäferhunde:
Kräftige, stockhaarige Gebrauchshunde.
 
Langhaar-Schäferhunde sind im SV schon seit 1930 "verboten"
Langstockhaar Hunde dagegen kamen immer wieder auch in ganz "normalen" Würfen vor und wurden unter bestimmten Vorraussetzungen geduldet.
Bis 1991
In diesem Jahr brachte der SV eine neue Standart-Änderung durch, die Langstockhaar als "Zuchtausschließenden Fehler" einstufte.
 
Aber es gibt sie immer noch die unerwünschten "Langstockhaarigen" im SV.
 
Vom Standart her gibt es keine Unterschiede, "Altdeutsche Langhaarige" sind im Ursprung Deutsche Schäferhunde.
Gefordert werden hier wie dort und da die selben typischen Stehohren, die gestreckte, zugespitzt laufende Schnauze, die leicht abfallende Rückenlinie, der "Vorwärts-Drive" im Dauertrab, der hängend getragene, buschige Schwanz.
Die "Altdeutschen Langhaarigen" sind oft etwas schwerknochiger, massiger gebaut und etwas größer und schwerer, eine etwas breitere Stirn und einen deutlicheren Stop.
Vor allem, wenn sie aus "reinen" DDR-Linien kommen - da man in der DDR auch auf "Robustheit" und "Wintertauglichkeit" gezüchtet hat.
Aber von außen gesehen ist der einzige Unterschied das Haarkleid:
Beim "normalen" Stockhaar ist das Deckhaar 3 - 5 cm
Beim Langstockhaarigen 5 - 10 cm.
Beim Langhaarigen mehr als 10 cm.
 
Zweifellos gehören die Langstockhaarigen zu den schönsten Hunden überhaupt.
Beim Deutschen Schäferhund gelten sie nicht als standartkonform und haben keine Chance auf Zuchtzulassung, obwohl sie in allen bekannten und führenden Blutlinien vorkommen.
 
Einige Liebhaber konnten sich nur schwer damit abfinden, dass ihre herrlichen Hunde als Ausschuss abgewertet wurden, die keine Chance auf eine Weiterzucht haben und organisierten eigene Vereine, der die Zucht langhaariger Schäferhunde pflegt, Ausstellungen abhält und die Besitzer zusammenführt.
Dabei machen die Langhaars auf ihren Schauen eine ebenso gute Figur, wie sie auch in allen Sparten des klassischen Hundesports brillieren.
Und liest man die Elterntiere der zur Schau gestellten Hunde in einem Katalog einer Langhaarschau durch, findet man nicht selten das who's who der SV-Szene dort vertreten.
 
Die "Langhaarigen" sind nicht langhaarig, sondern langstockhaarig.